Dirk Klose, The sky is not enough, Öl, Acryl,
Leinwand, 100 x 100 cm, 2004

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Horizonte
Dirk Klose

04. Juli - 29. Juli 2006

Zur Ausstellung ist ein Katalog mit Beiträgen von Edgar Bierende, Sigrid Feser und Reinhard Spieler erhältlich.

Kunsttheorie und Kunstpraxis sind im Leben von Dirk Klose aufs Engste miteinander verbunden. Nach der Promotion in Kunstgeschichte zur Kunstphilosophie Leo von Klenzes besuchte er bis 1999 die Akademie der Bildenden Künste in München bei Professor Fridhelm Klein. Die Malerei Dirk Kloses führt perspektivisch den Blick zum Himmel. Wir alle kennen diese Perspektive von barocken Deckengemälde und aus der Kirchenmalerei, die seit dieser Zeit nicht mehr als eigenständiges Thema behandelt wurde. Dirk Klose greift in seinen Landschaftsbildern und Porträts diese abgebrochene Tradition wieder auf und führt sie weiter. Auf den ersten Blick mag man angesichts seiner Landschaftsbilder etwas irritiert sein, zeigen sie doch scheinbar harmlos-bukolische Naturidyllen, wie man sie vielleicht eher aus dem 19. Jahrhundert, vielleicht auch noch aus dem deutschen Spätimpressionismus kennt. Kann man Natur heute, zu Zeiten von Atomkraftwerken und Hochindustrialisierung, noch so empfinden, kann man sie heute noch so darstellen? Mag man sich da fragen. Sucht man nach einem Schlüssel zum Verständnis dieser Naturstücke, so fällt zunächst einmal die ungewöhnliche Perspektive auf. Nahezu ausnahmslos wählt Klose höchst ungewöhnliche Blickwinkel auf die Natur, die sich von unserer eigenen natürlichen Wahrnehmung grundsätzlich unterscheiden.

Da gibt es etwa die Himmels- oder Erdentondi in denen der Naturausschnitt kreisrund innerhalb eines quadratischen Formats erscheint. Vor unseren Augen breitet sich Natur nicht etwa als ein weites Kontinuum aus, sondern als eng begrenzter hortus conclusus, bedrängt und eingeengt von der Übermacht der Perspektive, Fremdkörper in einem gänzlich anders gestaltetem Umfeld. Diese Perspektive öffnet keinen illusionistischen Blick in eine Himmelswelt, wie ein flüchtiger Blick in Anlehnung an die barocke oder gar aus der Renaissance stammenden Deckenmalerei - man denke etwa an Mantegnas camera degli sposi in Mantua – vielleicht suggerieren könnte, sondern zeigt im Gegenteil den Blick in einen Konvexspiegel, der die natürliche Perspektive in eine 360-Grad-Panorama-Ansicht verzerrt. Gleichzeitig suggeriert diese Perspektive auch den Blick durch ein Schlüsselloch oder Bullauge – der Betrachter erscheint von der Natur ausgeschlossen und entfremdet.

Man kann diese spezielle Perspektive auch durchaus historisch lesen: Nicht nur die Landschaft selbst ist uns fremd geworden und in die Ferne gerückt, sondern auch die Darstellung der Landschaft; Landschaftsmalerei, so wie Klose sie uns hier vorführt, gleicht demnach einem museal gewordenem Diorama: Es ist ein Blick durch ein spezielles Schau-Fenster auf eine Natur, deren Grenzen genau abgesteckt sind als ein vordefinierter Raum.
In seinen jüngeren, seit 2003 entstandenen Arbeiten bringt Klose auch inhaltlich zunehmend Konfliktstoffe in das Naturthema. Über verschiedene Bildmittel, vor allem durch das Mittel der Unschärfe, kommt etwas Unbestimmtes und Haltloses dazu, wodurch sich dunkle Ahnungen in die Idyllen mischen. Dass solche Empfindungen keineswegs subjektive Phantastereien sind, sondern vom Künstler sorgfältig inszeniert werden, zeigt sich etwa an den Titeln, mit denen solche Assoziationen erschlossen werden. Blue Velvet – Blühende Landschaft nennt Klose eine Blumenidylle, die mit ihren roten und gelben Farbtupfern schon fast schmerzhaft-kitschige Farbakzente setzt. Thema in David Lynchs Kult-Film Blue Velvet (USA 1986), auf den sich Klose hier bezieht, sind obsessive sexuelle Abgründe, die sich hinter eben solchen Fassaden kitschig-biederer Vorstadt-Idyllen auftun.
Reinhard Spieler





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